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Mittwoch, 9. Oktober 2013

Generation Technik

Dass die Kinder heut zutage schon besser mit dem Smartphone umgehen können als Mama und sie zuhause die Fernsehprogramme problemlos auf andere Sendeplätze verlegen können, wissen wir längst.
Auch in der Kita macht sich die "Generation Technik" bemerkbar.
Wir haben freitags Spielzeugtag. Die Kinder schleppen ihre Autos, Puppen, Stofftiere, auch mal Nagellack mit (was postwendend auf dem Regal landet - liebe Eltern, bitte, unser Job ist anstrengend genug), aber die bisherige Krönung war ein 3jähriges Mädchen, das ihr EIGENES Tablet mitbrachte. In Windeseile hatte sie den Kindern erklärt, wie die Spiele darauf funktionierten und alle spielten begeistert. Mit Schnuller und Windelpo. Bitte schön.

Eigentlich bin ich gar nicht gegen Videospiele, falls man das heute noch so nennt. Games oder wie auch immer fördern Kinder ja auch, wenn sie es in Maßen spielen. Die Kinder entwickeln ziemlich gute Reflexe und werden reaktionsschneller. Viel schneller. Sie sind aufmerksam und konzentriert, was sich auch in anderen Bereichen ihres Alltags zeigt. Die Hand-Auge-Koordination wird geschult und ich habe den Eindruck, dass es den Gehirnzellen keineswegs schadet. Im Gegenteil, wahrscheinlich entstehen Milliarden von neuen Synapsen.
Viele Eltern wehren sich dagegen. Kein Fernsehen, keine DVDs, bloß keine Technik-Games. Warum nicht? Ich war selbst ein Fernsehkind und sicher eins, vor dem alle Psychologen gewarnt hätten. Ich habe von Heidi über Pinocchio, Sesamstraße, Sendung mit der Maus, Sandmännchen, Biene Maja, Tiersendungen ohne Ende, Sindbad bis hin zur Adamsfamily alles gesehen. Und ich halte mich für intelligent mit sehr gutem Allgemeinwissen, besonders im Tierbereich. Ich habe eine schnelle Auffassungsgabe, bin sehr kreativ und war eine gute Schülerin. Hätte ich gelernt, wär ich sicher eine SEHR gute Schülerin gewesen. Aber eine Einschränkung möchte ich unbedingt machen: Lasst eure Kinder nicht alleine das Programm aussuchen, besonders nicht nachts, wenn die Eltern schon schlafen und so schöne Tierfilme laufen wie "Der weiße Hai" oder "Roar - Die Löwen sind los". (Das Trauma von letzterem habe ich bis heute nicht überwunden, ich habe panische Angst vor Raubkatzen.) Also, alles in Maßen, gewaltfrei und unter Aufsicht...

Trotzdem - die Zukunft ist Technik. Vor 13 Jahren bekam ich mein erstes Handy. Ich war schon 30 Jahre alt. Unglaublich. Heute haben die Kinder mit 8 ein Handy, damit sie bescheid sagen können, dass sie heil zur Schule gekommen sind, auf dem Schulhof nicht verprügelt wurden, wieder zuhause gelandet sind und mit dem selbstgemachten Rührei keinen Großbrand ausgelöst haben. Dass sie noch zu Freunden gehen, dass sie die Hausaufgabe in Mathe nicht verstehen und und und. Ohne Handy geht´s doch kaum noch. Was sich bereits bei meinen 3jährigen bemerkbar macht.
Ich bin ein großer Freund von "realem" Spielzeug, ich kann mich erinnern, dass ich es selber viel lieber mochte. Ein echter Kochtopf, statt diese Mini-Plastikpfannen. Echter Pfannenwender, statt Mini-Holzkochlöffel. Aus der Erwachsenenwelt muss es sein. Oder zumindest so aussehen. Ich habe mal vor einer Weile echte Handyprototypen zum Spielen bekommen. Sie sehen absolut echt aus, haben aber keine Funktion. Von ehemals 30 Handys sind noch 3 übrig. (Wo bitte schön, sind die anderen 27 geblieben?????????) Ich habe noch vier ausrangierte Heimtelefone dazu gepackt. Dass sie größer sind, als die Handys stört die Kinder nicht, schließlich sind sie ja echt, also gleichermaßen beliebt.
Und dann ergab sich folgende Szene:
Zwei Jungs und ein Mädchen, alle 3 Jahre alt, spielen unter unserer Holzburg, dass sie zusammen wohnen. Junge 1 kommt "nach hause" und sagt zu Junge 2: "Hast du mein Handy aufgeladen?"
Junge 2 antwortet sich vor die Stirn hauend: "Ach herrje, das hab ich ganz vergessen."
Junge 1 flippt daraufhin total aus und brüllt (ernsthaft): "Ich habe dir extra gesagt, du sollst es aufladen!!! Wie kann man denn SOWAS vergessen??? Womit soll ich jetzt bitte telefonieren???" Und an das Mädchen gewandt: "Kann ich mal dein Handy haben, oder ist das auch alle?"

Da frag ich mich, was passiert, wenn es später mal ein echtes Handy ist?

Die Handys sind bei Jungen und Mädchen gleichermaßen beliebt und es ist doch immer wieder total witzig anzuschauen, wie besonders die Mädchen Mama nachmachen. Mit einer Hand schieben sie den Puppenwagen, über dem anderen Arm hängt eine Tasche und mühsam wird das Handy mit dem Taschenarm ans Ohr geklemmt, während sie wirklich angeregt telefonieren. Meistens mit Mama.  Und sie reden über das, was sie gerade machen. "Ich bring gerade das Baby in den Kindergarten." Oder "Was soll ich noch einkaufen?" Und wenn ihr einer im Weg steht, wird er mit dem Puppenwagen einfach überrollt, darauf kann man mit 3 Jahren nicht auch noch achten. Vielleicht wäre sie aber ausgewichen, hätte sie im Videospiel Erfahrung gehabt.
Letztens sagte ein 5jähriger zu meiner Kollegin: "Ich hab auf Papa´s i-Pad schon das 4. Upgrade erreicht." Da frag ich mich, ob ein Berliner Großstadtkind überhaupt noch einen Bauernhof besuchen sollte, um zu wissen, welche Farben eine Kuh hat, wenn er in der gleichen Zeit auf Papa´s i-Pad sein fünftes Upgrade erreichen könnte...

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