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Sonntag, 15. Mai 2011

Übernachtung

Jedes Jahr übernachten wir einmal in der Kita.
Das haben wir letzte Woche getan und es war grandios!
Die Kollegin, die dabei gewesen wäre, wurde an genau diesem Tag krank. Eine andere Kollegin erklärte sich spontan bereit, zu übernehmen. Nichts hatte sie zur Übernachtung mit und doch sprang sie ein. Meine Hochachtung!!!

Am Nachmittag sind wir in den Zoo gegangen. Jedes Kind hatte einen Rucksack mit Trinkflasche dabei. Das Essen und die Regenklamotten (bei unseren Ausflügen regnet es IMMER!) hatte ich im Hackenporsche.
Wir waren noch nicht am Eingang, da wurde schon nach den Keksen gefragt. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Wir wackelten an Alpakas, Nashörnern, Adlern, Geiern, Eulen und lustigen Schweinen vorbei, als die Ersten vor Hunger auf Kekse fast zusammenbrachen.
Traditionsgemäß lief nach ein paar Metern auch die erste Flasche aus, Rucksack und Kindsrücken waren nass. Sind wir gewohnt und waren vorbereitet.

Der Himmel zog sich zusammen und ich hatte versprochen, heute mal auf den Spielplatz zu gehen, wozu wir sonst nie kommen. Die 1. Rast hielten wir also auf dem Spielplatz unter einem kleinen Dach mit Tisch und Bänken. Ich packte Obst, Brote und Kekse aus, alle tranken durstig und eine 3/4 Stunde ging für´s Spielen drauf.
Dann fing es an zu tröpfeln, wir schlüpften in die Regenjacken. Ich packte Obst und Brote wieder ein, die Kekse waren alle.
Weiter an Büffeln und Pinguinen vorbei. Alles schrie nach Pause und Hunger. Hatten wir nicht vor 100m eine Pause???
Also 2. Rast bei den Seehunden, auch die sind für die Zuschauer überdacht. Ich bot Brote an. "Sind denn keine Kekse mehr da???"
Es fing an zu schütten. Wir zogen den 9 Kindern Regenjacken und Gummistiefel aus, Regenhosen an, Jacken und Gummistiefel auch wieder an. Die Hosen kommen nämlich unter die Jacken! Das dauerte 20 Minuten, genauso lange wie der Regen.
Wir gingen weiter, vorbei an den Störchen, Marabus und Reihern, die alle die riesigen Flügel zum Trocknen ausgestreckt hatten.
Bei den Löwen schauten wir kurz herein. Die Löwenkinder (oder Löwenjugendlichen) waren sehr aktiv und eine Horde Klassenfahrtler aus Irgendwo lockte sie noch mit einem Blatt Papier an die Gitterstäbe, was prima gelang.
Hunger!
3. Pause also vor dem Raubtierhaus. Und diesmal gingen auch die Brote und das Obst weg. Zur Belohnung gab es für jeden 2 Kekse :-)
Wir schlenderten langsam zum Ausgang und kamen dabei noch an den Affen und Nilpferden vorbei.
Das Nilpferdbecken war so trübe, dass die Kinder das 3m-Nilpferd selbst dann nicht sahen, als es mit den Borsten an der Scheibe entlang schrabte. "Wooo? Ich seh nix." Ich auch nicht, also weiter.
Inzwischen schlurften alle schon. 3 1/2 Stunden waren sie gelaufen, bzw. gerannt.
Der Ausgang kam in Sicht, ein Stück weiter war das Elefantenhaus, das einige noch sehen wollten.
Ein 3jähriger blieb mit auf dem Boden schleifendem Rucksack vor dem Ausgang stehen und sagte: "Hier ist der Ausgang, ich kann nicht mehr."
Wir haben es dann doch noch geschafft, uns ins aromastarke Elefantenhaus zu begeben. Ich las die Namen der riesigen Tiere vor:
"Victor. Iyoti -" Ein 3jähriger fragte: "Wieso heißt denn der Elefant Idioti?"
Gute Frage. Ich stellte das richtig.

Gerade rechtzeitig kamen wir trocken in der Kita an und bereiteten das Abendbrot zu - Stulle mit Brot. Dabei fing es an zu schütten und zu stürmen, was die Kinder faszinierte. Kurz entschlossen öffnete ich die Tür nach draußen und sagte, die Kids könnten mal schnell wie sie sind durch den Regen rennen.
"Mit ohne Jacke?" "Mit Hausschuh´n?" Klar, nur mal schnell. Der Erste rannte zaghaft los, kreischte vor Vergnügen und drehte gleich wieder um. Er war noch nicht mal unter dem Vordach hervorgekommen und hatte keinen Tropfen abbekommen. Aber das animierte die anderen, mal eben rein und raus zu rennen, was allen einen tierischen Spaß bereitete, alle lachten und kreischten, herrlich. Nach einer Minute aßen wir unser Abendbrot weiter, aber mit einem Grinsen im Gesicht.
Waschen, Zähneputzen, Windel um, Schlafanzug an, ab ins Bett. Keiner wollte nach Hause, keiner weinte nach Mami, was für ein enormes Vertrauen die Kinder doch in mich haben. Einige hatten noch niemals woanders geschlafen. Ich war stolz auf meinen kleinen Hühnerhaufen und hatte ein ganz warmes Gefühl im Bauch als alle seelig schliefen.
Nachts tapperte ich noch mal auf die Toilette und ließ mich dann wieder auf meine Matratze zwischen den Kinderbetten fallen, um auch sofort wieder aufzuspringen. Mein Bett war besetzt. Ich leuchtete mit der Taschenlampe und sah einen Jungen wie hingemalt auf meinem Kopfkissen schlafen. Was nun? Erst wollte ich in sein Bett, aber sein Kissen war so platt wie ne Briefmarke, darauf kann ich nicht schlafen.
Ich hob ihn also in sein Bett zurück. Dass er in dem Moment keinen festen Halt unter sich hatte, fand er gar nicht gut und ruderte wie verrückt mit Armen und Beinen. Ich hob mir fast einen Bruch. Etwas später riss er mir beinah mein Ohr ab, weil er es gewohnt war, an einem Ohr zu gnibbeln. Fällt nachts um Längen brutaler aus. Und überhaupt schlief er äußerst aktiv. Neben mir...
Ein Mädchen musste ständig husten, wobei sie ihren Schnuller weit von sich katapultierte und ihn dann nicht mehr fand, weil sie nur die 2cm vor dem Bett laut klatschend mit der Handfläche absuchte. Ohne wach zu werden. 4x in der Nacht.
Aber auch diese Nacht ging vorbei.
9 Kinder schliefen 11 Stunden, waren happy und furchtbar stolz. Wir Erzieher schliefen kaum, wie immer, weil man bei jedem Geräusch gleich in "Hab-Acht-Stellung" ist, aber das war die beste Übernachtung, die ich je hatte!!! Sind halt die tollsten Kinder!

Dienstag, 10. Mai 2011

Heilfasten für Kinder

Erwachsene fasten, weil sie zu dick sind, sich vergiftet fühlen, ihr inneres Ich finden wollen oder weil es gerade "in" ist.
Heil-Fasten für Kinder heißt: 2 Wochen ohne Spielzeug!
Und genau darin befinden wir uns gerade.

Letzte Woche Montag kamen die Kinder und schlenderten durch den Gruppenraum. Ich wartete gespannt, was sie zu der erdrückenden Leere sagen würden. Kein Duplo, keine Autos, keine Puppen, kein Playmobil, keine Puppenküche, kein Kaufmannsladen, keine Tiere, NIX. Leer. Alles weg.
Der Älteste fragte, wo das Spielzeug ist und ich antwortete, dass wir versuchen zwei Wochen (2x Gruppenfrühstück lang) ohne Spielzeug zu spielen. Er fragte wieder, womit sie denn dann spielen sollen. Und ich antwortete fröhlich: "Mit dem, was in eurem Kopf ist. Mit eurer Fantasie!"

Ratloses Schweigen. Und während sie noch glaubten ratlos zu sein, waren sie bereits mitten drin.
Das Spielzeug scheint weder den 2-, noch den 3-, noch den 4jährigen zu fehlen. In den letzten 7 Tagen hat keins meiner Kinder danach gefragt. Dafür aber heute eine Mutter: "Wann kommt denn das Spielzeug endlich wieder, ist ja schrecklich!?!"
Finden die Kids nicht.
Sie spielen wunderbar mit ihrer Fantasie. Ich gebe ab und zu ein paar Denkanstöße und schon sprudeln imaginäre Bauernhöfe und Wälder voller Wölfe (wir haben gerade Peter und der Wolf gelesen) aus den Köpfen. Decken und Kissen habe ich ihnen gelassen, mit denen bauen sie Höhlen oder Kuschelecken (was wir vorher schon hatten, hat aber keiner wahrgenommen).
Die Jungs fangen an, mehr zu malen und zu basteln und sind total stolz, weil sie plötzlich einen Menschen malen können. Ganz allein. Wen stört´s, dass die Arme aus den Ohren kommen, er dafür aber sechs Beine hat. Ganz allein und trotzdem erkennbar!!!
Wir lesen mehr Bücher und weil nichts ablenkt, hören sie viel besser zu und haben Spaß an den Geschichten, die sie dann nachspielen.
Sie singen alle Lieder, die ihnen einfallen oder dichten selber welche und lachen sich darüber kaputt.
Sie interessieren sich auf einmal dafür, wie man Buntstifte anspitzt und schaffen es mit ein wenig Übung sogar, 3 Stifte und keinen Finger anzuspitzen. Wieder stolz.
In den letzten 7 Kitatagen hat kein Einziger gesagt, dass ihm langweilig ist, was sonst durchaus mal vorkommt. Alle kommen morgens freudestrahlend rein und sind absolut happy mit ihrem NICHTS.
Was aber am erstaunlichsten ist: In diesen letzten 7 Tagen gab es so gut wie keinen Streit. Sie haben sich alle besser verstanden, mehr miteinander geredet, sind aufmerksamer geworden und sind sich auch in der Altersmischung näher gekommen, d.h. die großen Jungs haben z.B. entdeckt, dass unsere Kleinste ja total niedlich ist und man sich furchtbar gut um sie kümmern kann, auch wenn sie kein Wort deutsch spricht.
Die Kinder haben den Tisch gewischt, den Boden gefegt, das Geschirr abgeräumt und es ging nur eine einzige Tasse zu Bruch. Nicht dass Ihr jetzt denkt, ich nötige die Kleinen zu schweren Haushaltsübungen. Nein Ihr Lieben, das haben sie alles voller Eifer freiwillig übernommen.
Ein Aspekt, der natürlich auch nicht zu verachten ist: Wo kein Spielzeug, da kein Aufräumen. Wir haben jeden Tag eine halbe Stunde mehr Zeit für uns. Vielleicht macht das auch so glücklich, denn alle sind ständig gut drauf und am Lachen. Keiner muss sich verteidigen, sein Spielzeug verstecken, wenn er auf´s Klo muss, sich Ausreden einfallen lassen, wenn´s ans Aufräumen geht, keinem fliegt ein Auto an den Kopf und keiner stolpert über´s Bobbycar und das kann auch keinem in die Schuhe geschoben werden.
Und zwei Kinder konnten innerhalb von zwei Tagen von den Windeln entwöhnt werden. Ich möchte daran glauben, dass auch das am fehlenden Spielzeug liegt. Keine Ablenkung...

Und die Krone des Ganzen war heute morgen meine Kollegin. Als ich weit nach ihr kam sagte sie: "Erst war ich ja skeptisch, aber die Kinder haben sich einfach in eine Reihe gesetzt und geredet. Die unterhalten sich ja richtig."
Jetzt bin ICH stolz! Es ist eine absolut phantastische Gruppe!!!
Brauchen wir überhaupt wieder Spielzeug? Vielleicht verlängern wir noch ein zwei Wochen...