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Montag, 12. März 2012

Der Tod

Heikles Thema.
Ich habe ein halbes Jahr nicht mehr an diesem Blog geschrieben. Vor einem halben Jahr starb mein Vater.
Aber ihm haben meine Posts immer gefallen und er wär sicher traurig, wenn ich damit aufhören würde. Ich reiß mich zusammen, das Leben geht weiter.
Aber nicht immer schön. Ich war sehr traurig, was die Kinder in meiner Gruppe auch mitbekamen. Zweijährige können schon ziemlich mitleidig gucken, auch wenn sie gar nicht verstehen, was da passiert ist. Für große Erklärungen sind sie noch zu klein, aber dass mein Papa gestorben und im Himmel ist, das war ich ihnen schuldig zu erklären. Erzieher (und auch Eltern) können nicht einfach traurig sein und nichts dazu erklären. Kinder denken nur allzu schnell, dass sie vielleicht der Grund dafür sind.
Das Thema Tod beschäftigte einige Kinder etwas mehr. Ein Mädchen, drei Jahre alt, fragte mich JEDEN Tag, wie mein Papa heißt und ob er im Himmel ist. Geduldig und ohne Tränen gab ich ihr jeden Tag die gleiche Antwort: "Er heißt Werner und ja, er ist im Himmel."
Das ging ein halbes Jahr so, bis von eben diesem Mädchen die Mutter starb. Krebs. Es kam sehr überraschend und schnell. Der Tod ging mir sehr nah. Als die Kleine das nächste Mal in die Kita kam, sagte sie ganz trocken: "Meine Mama ist gestorben. Meine Mama ist jetzt im Himmel."

Ich dachte nicht, dass sie begreift, was das bedeutet. Aber doch, das tat sie. Wenn ein Kind sagt "Du hast einen Fleck auf dem T-Shirt, das muss deine Mama waschen." dann antwortet sie. "Nein, meine Mama ist gestorben, das wäscht jetzt mein Papa." Es treibt den Erwachsenen Tränen in die Augen, die Kinder gehen nach dem Satz spielen.
Kinder empfinden nicht dieses unbegreifliche Entsetzen, das uns befällt, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Kinder denken nur kurz daran und vergessen bei der nächsten Ablenkung die Tragödie, spielen und lachen ungezwungen, bis es ihnen dann wieder einfällt, aber nicht lange, dann geht das Spiel weiter.
Natürlich merkt man dem Kind an, dass es eine schwere Zeit durchmacht, dass die Mama fehlt. Der Papa macht seine Sache sehr gut! Aber Mama fehlt halt...
Ich denke nicht, dass man Kinder vor dem Thema Tod "bewahren" sollte. Der Tod gehört zum Leben dazu.
Auf der Beerdigung meines Vaters waren auch die Kinder meiner Cousinen dabei. Der Älteste 8, der Mittlere 3, die Kleine 1. Der Große saß ernst und aufmerksam dabei, die Kleine rannte lachend den Gang rauf und runter (was mich ehrlich gesagt sehr entspannte) und der Mittlere lachte erst mit und schlief schließlich bei so viel monotonem Gebrabbel auf Mamas Arm ein.
Auch beim Gottesdienst zum Tod der Mutter meiner Gruppe waren viele Kinder anwesend, Schulkameraden des Sohnes. Jedes Kind durfte eine Kerze anzünden. Während die Jungs anstanden, haben sie sich leicht gedrängelt, gebufft und gelacht. Abgelenkt, ungezwungen.

Kinder gehen noch so unvoreingenommen an Dinge heran, die uns Erwachsenen die Füße wegreißen. Aber eben weil Kinder so ohne Scheu und Trauer damit umgehen können, ist es ein guter Zeitpunkt, es ihnen sachlich zu erklären. Sie verstehen schon mit 3 Jahren sehr viel.
Ich merke gerade jetzt, dass die Dreijährigen meiner Gruppe einen riesengroßen Drang haben, dieses Thema zu intensivieren. Sie spielen nur noch, dass jemand stirbt, gestorben ist, alle sind tot - und haben Spaß dabei. So makaber es klingt, Kinder verarbeiten alles aus ihrer Sicht und zum Thema Tod haben sie eigentlich keine Sicht, denn sie wissen nichts. Sie hören das Wort "Tod" und "gestorben", sehen, dass die Erwachsenen mit größten Emotionen darauf reagieren und wollen auch eine Reaktion haben. Aber sie ist noch ohne Inhalt, weil die meisten nichts erklärt bekommen und gar nicht wissen, was es bedeutet.
Ich möchte etwas erzählen, ganz sanft, ohne Angst zu machen. Ein paar Fakten, z.B. dass Tod bedeutet, dass etwas zu Ende ist. Dass der Körper begraben wird und die Seele in den Himmel kommt. Rein wissenschaftlich vielleicht nicht die richtige Erklärung, aber es ist doch ein schöner Gedanke, dass die Verstorbenen, die wir lieben im Himmel über uns wachen.
Und so fragt die Kleine mich oft, ob mein Papa jetzt im Himmel auf ihre Mama aufpasst.
Ich bin ganz sicher, dass er das macht...