Vor knapp einem Jahr wurden wir evaluiert. Evaluation, das bedeutet eine Prüfung der Kita und der Arbeit der Erzieher, besonders in Bezug auf das Berliner Bildungsprogramm durch einen neutralen Beobachter.
Wir hatten eine Beobachterin, die mir bis heute zuweilen schlaflose Nächte und Albträume bereitet und meine ganze Arbeit von 25 Jahren in Frage stellt.
SIE war einen Tag da, beobachtete sechs Stunden lang unsere fünf Gruppen und meinte danach alles zu wissen. Ich schnitt unter ihrem kritischen Auge gar nicht so schlecht ab, aber es gab da einen Punkt, der mich erschüttert. Bis heute.
Wir gehen in der Kita zu liebevoll mit den Kindern um. Im Ernst, das wird uns vorgeworfen. Wir haben allgemein ein sehr gutes und enges Verhältnis zu Kindern UND Eltern. Die Kinder sollen neben der pädagogischen Arbeit auch einfach Spaß und Freude an ihrem Kita-Aufenthalt haben, sich wohl und sicher in ihrer Umgebung fühlen. Ich weiß nicht, ob Spaß und Freude im Berliner Bildungsprogramm vorgesehen ist. Ich halte es für sehr wichtig.
Und Spaß und Freude beinhaltet auch ein gewisses Maß an Zuneigung. Unsere Kinder kommen gerne, meist hüpfen sie fröhlich in den Gruppenraum, ich begrüße sie mit einem Lächeln oder nehme sie in oder auf den Arm. Wir gehen der Mama oder dem Papa winken, das Kind geht spielen, ich widme mich dem nächsten Ankömmling. Jeder wird grundsätzlich gleich behandelt, einige brauchen aber mehr Aufmerksamkeit, andere weniger. Ich versuche jedem Kind individuell das zu geben, was es braucht. Hier mal ein kleiner Scherz über ein lustiges T-Shirt, das Kind lacht. Hier mal über den Kopf gestreichelt, ich bekomme ein Lächeln. Manchmal springen mir die Kinder auf den Schoß, wo sie gerne einen Moment verweilen können, wir reden oder das Kind möchte sich einfach nur anlehnen, manchmal lese ich ein Buch, aber das wollen dann gleich alle hören.
Die Kinder wissen, sie können jederzeit mit all ihren Sorgen oder Wünschen zu mir kommen. Und so nenne ich die Kinder auch schon mal Schätzchen. "Dennis, Schatz, räum mal bitte deine Brotdose ein." Wenn man so liebevoll gebeten wird, macht das doch jeder gerne.
HALT!!! STOPP!!!
Schatz sagen ist verboten! Das ist äußerst unprofessionell. Das musste ich mir anhören. Dem Kind ungefragt über den Kopf zu streichen ist genauso unangebracht. Ich müsste das Kind schon vorher fragen. Muss ich es fragen, ob ich es auf den Schoß nehmen darf, wenn es weint oder darf ich da einfach selber entscheiden? Muss ich fragen, ob ich ein Kühlpad auf die Beule legen darf? Muss ich fragen, ob ich ihm den Po abwischen darf, wenn ich die Windel wechsel? Schließlich berühre ich es jedes Mal. Wo fängt man an, mit eigenen Entscheidungen, wo darf ich handeln, wo muss ich fragen?
Könnt ihr euch noch an eure Kita-Zeit erinnern? Ich war ein sehr schüchternes Mädchen, hatte vor allem und jedem Angst, konnte mich sehr schwer von der Mama lösen. Ich hätte mir damals eine Erzieherin gewünscht, die mich ungefragt in den Arm nimmt, weil ich mich gar nicht getraut hätte, zu fragen. Ich hätte mir eine Erzieherin gewünscht, die ein paar Scherze mit mir macht, damit ich wieder lachen kann. Ich hätte mir eine Erzieherin gewünscht, die mir über den Kopf streicht und mich aufmunternd anlächelt. Hatte ich nicht. Meine Erzieherin hätte bei der Evaluatorin vielleicht gut abgeschnitten, bei mir schnitt sie so schlecht ab wie nur möglich. Ich bekam nur professionellen Abstand. Nach drei Monaten nahm mich meine Mutter aus der Kita, weil ich selbst Zuhause nicht mehr sprach und nur noch in der Ecke hockte.
Für wen soll ich gut abschneiden? Für das Kind oder die Vorschriften?
Ich fragte sporadisch ein paar Eltern, was sie sich für ihr Kind von der Erzieherin wünschen. So einige sagten unter anderem "Zuneigung". Ich fragte die Kinder im Stuhlkreis, ob sie es doof finden, wenn ich sie mal auf den Schoß nehme oder ihnen über den Kopf streichle. Nein, niemand fand es doof, sie sagten, sie mögen es. Wenn es jemand nicht möchte, mache ich es nicht. Ich erklärte ihnen, dass ich nicht mehr Schatz oder Hase sagen darf, weil die Frau, die da war es für doof hält. Ein dreijähriges Mädchen fragte tatsächlich:"Ist die Frau krank?"
Also wieviel Zuneigung ist erlaubt? Müssen wir professionellen Abstand wahren, wenn es niemand möchte? Ist es wirklich unprofessionell, den Kindern auch in der Kita Liebe und Geborgenheit zu vermitteln? Die Eltern und das Elternhaus ersetzen wir nicht, ist auch gar nicht nötig. Unsere Kinder erfahren zu Hause viel Liebe, warum dürfen sie es nicht in der Kita? Haben wir nicht schon genug fanatische Idioten auf der Welt, denen eben genau das in der Kindheit sicher fehlte?
Niemand ist perfekt, ich kann keinem Kind absolut alles vermitteln, was das Berliner Bildungsprogramm vorsieht, dazu fehlt es an Zeit und einem besseren Erzieherschlüssel. Aber wir können alle unser Bestes geben und Liebe und Zuneigung, Spaß und Freude im Alltag können doch nicht verkehrt sein???!!!
Wenn unsere Kinder die Kita verlassen, um ihren Weg zur Schule anzutreten, sind sie sozial sehr kompetente, fröhliche, selbstbewusste, intelligente Kinder, die dem neuen Alltag absolut gewachsen sind. Was also machen wir so falsch???
Ich würde mich sehr über Kommentare freuen!!!
Ein Leben für´s Kind
Beliebte Posts
-
Ein Kind , 2 Jahre alt, kommt in die Kita, es ist mir fremd, ich habe keinen Bezug zu ihm. Genau das versuche ich in der ersten Woche der E...
Montag, 8. Mai 2017
Sonntag, 14. August 2016
Das ist Sp(r)itze
Ich habe lange nicht mehr geschrieben, was einfach an mangelnder Zeit lag. Aber jetzt ist etwas ungeheuerliches passiert und ich muss alle Leser mobilisieren, etwas dagegen zu tun.
HILFE!!!
Unsere Kita liegt in einem Wohngebiet mitten in der Berliner City. Es gibt trotz enger Bebauung viele Spielplätze in der Nähe, die von Eltern mit Kindern, Kita-Gruppen, Schulklassen, den Jugendlichen, den Pennern und den Junkies gerne genutzt werden.
Außer den Kindern und den dazugehörigen Betreuern, gehört dort niemand hin. Weder in Charlottenburg, noch in Kreuzberg, weder in Berlin, noch in einer anderen Stadt dieser Welt!
Es passierte am Donnerstag, den 11. August 2016. Ein Mädchen meiner Gruppe wurde mittags abgeholt. Die engagierten Eltern gingen mit der Kleinen noch auf den Knesebeck-Spielplatz in der Knesebeckstraße, gleich gegenüber einer Schule. Die Kleine krabbelte dort durch den Sand und schrie plötzlich auf. In ihrer Hand steckte die Spritze eines Fixers.
LEUTE, SO GEHT DAS NICHT. DAS SIND UNSERE KINDER, UNSCHULDIG, VERLETZLICH, VOLLER VERTRAUEN IN DIE ERWACHSENEN.
Nun wird kein Junkie diese Zeilen lesen. Und kein Penner, der nachts in den Häuschen und Burgen auf den Spielplätzen übernachtet, der morgens aufsteht und genussvoll in den Sand pinkelt, mit dem die Kinder vormittags wieder ihre Sandkuchen bauen.
Wenn ich nach heißen Sommernächten auf den Spielplatz gehe, sammle ich mit meinen Kolleginnen erstmal die zerbrochenen Bierflaschen und benutzen Kondome ein.
Ja, ekelt euch nur, seid entsetzt, aber das reicht nicht. Jeder kann etwas tun. Und sagt es jedem, den ihr kennt weiter:
Ruft die Polizei, wenn sich abends und nachts Leute auf den Spielplätzen herum treiben. Da hat niemand etwas zu suchen. Nachts werden dort Spritzen von möglicherweise Infizierten in den Sand getreten, werden Vodka-Flaschen zerdeppert und führen Hundebesitzer ihre Köter gassi.
Ich habe mich schon mit einigen Hundebesitzern angelegt, die früh morgens um 7 den Spielplatz in ein Hundeauslaufgebiet verwandeln und ihre Vierbeiner vor die Schaukel kacken lassen.
Wo ist die Polizei, die jeden mit einem Strafticket von der Busspur holt, der dort nicht hingehört?! Wo ist die Polizei, die Leuten saftige Strafen aufdrückt, wenn sie im Handy auf ihr Navi schauen?!
Wo ist die Polizei, wenn nachts auf den Spielplätzen der Ausnahmezustand herrscht und die Kinder das am nächsten Morgen ausbaden müssen, mit Verletzungen an Scherben und Spritzen, mit nun auch lebensbedrohlichen Verletzungen. Wenn jede Nacht zu unregelmäßigen Zeiten mehrmals jemand über den Spielplatz gehen würde, wenn es nachts dort helle Laternen gäbe, wenn es abschließbare zäune gäbe, wären unsere Kinder endlich geschützt! MUSS DENN ERST EIN KIND STERBEN?
Jeder kann dazu beitragen, dass das nicht passiert. Wer sich nicht selber traut etwas zu sagen, kann ruhig die Polizei oder das Ordnungsamt rufen, eine Polizistin hat mich darin bestätigt.
Schaut nicht weg, helft unseren Kindern, damit nicht dieses kleine dreijährige Mädchen mit blonden Locken und blauen Kulleraugen und auch kein anderes Kind mehr in eine Spritze krabbelt.
Alle die sie kennen stehen jetzt wochenlang Ängste aus, bevor die Gewissheit kommt, ob sie sich mit AIDS oder Hepatitis infiziert hat.
Jeder der weg sieht ist mit daran Schuld!
Samstag, 6. Dezember 2014
NIMM MICH ERNST
Eure Kinder sind euch wichtig? Klar, daran zweifle ich auch gar nicht. Aber ich denke, dass ihr vieles nicht ernst genug nehmt. Oder euch einfach nicht bewusst ist, was eurem Kind außer essen, spielen, kuscheln und schlafen noch wichtig ist. Was das Zuhause ausmacht, müsst ihr selber herausfinden, aber was in der Kita wichtig ist, will ich euch hier gerne verraten:
Zum Beispiel der Spielzeugtag. Freitags dürfen die Kinder ein eigenes Spielzeug mitbringen. Die Kinder freuen sich riesig auf den Tag, am Donnerstag weise ich mehrfach darauf hin, dass morgen Spielzeugtag ist und die Kinder reden, beraten und verabreden, was sie morgen mitbringen wollen. Ich möchte noch einmal betonen, meine Kinder sind drei Jahre alt, einer sogar erst zwei. Es ist nicht ganz einfach, da an alles selber zu denken. Da braucht euer Kind schon mal ein bisschen Unterstützung. Freitag früh treffen alle ein, schon vor dem "Guten Morgen" wird das Spielzeug aus der Tasche gerissen und hochgehalten, als wär´s die olympische Goldmedaille. Nicht nur den Kindern, auch mir werden die persönlichen Lieblingsdinge stolz präsentiert. Die Mädchen bringen meist ihre Puppen oder Kuscheltiere mit (nicht, dass wir keine hätten, aber ist halt das eigene Vertraute, ein Verbündeter für den Tag). Die Jungs halten sich eher an diverse Fahrzeuge, wie Autos, Bagger, Feuerwehr, Polizei u.s.w.
Und dann kommen zwei Kinder, die ihr Spielzeug vergessen haben. Tja, und bei denen eben auch die Eltern den Spielzeugtag vergessen haben. Eine Mama flitzt noch mal nach Hause, um zu holen, was dringend gebraucht wird. Einige verdrehen hier vielleicht die Augen. Ist doch nicht so schlimm. Die ganze Kita ist voller Spielzeug, da macht es ja wohl nichts, dass klein Kevin nichts dabei hat. DOCH, es macht was.
Das eigene Spielzeug macht stark, gibt Vertrauen. Es wird gezeigt und wenn ein anderes Kind es mal zum Spielen haben möchte, wird es stolz verliehen. Im Gegenzug leihen sie sich ebenfalls ein Spielzeug für ein paar Minuten aus, etwas, dass sie selber nicht haben, das noch neu und spannend ist. Dass sie ihr Spielzeug teilen können, mussten sie erst lernen und haben die Vorzüge erkannt. Die Regel, dass man es sofort wiederbekommt, wenn man es zurück haben möchte, erleichterte diesen Prozess und wird gut eingehalten. Manchmal entstehen dadurch neue Freundschaften, wenn plötzlich Finn und Fritz, die sonst nie miteinander spielen, beide ihre Feuerwehrautos dabei haben, was sie für diesen und weitere Tage zusammen schweißt. Und dann steht da Kevin mit dem Kita-Auto, für das sich kein Schwein interessiert, weil das halt immer da ist...
Ich halte auch Absprachen mit den Kindern für enorm wichtig. Das Kind darf ruhig wissen, wie der Tagesplan aussieht, wer es abholt, was danach noch stattfindet.
Ein schönes Beispiel ist gestern passiert. Saskia (Namen sind verändert) weiß immer über alles Bescheid, ihre Eltern erklären und erzählen ihr alles, was sie auch als Eltern untereinander absprechen. Kommunikation ist so wichtig. Und dann ist da Linda, die immer ein bisschen verpeilt ist. Wenn ich (was ich beim Frühstück schon dreimal erwähnt habe) den Kindern in der Garderobe sagt "Nicht trödeln, sonst verpassen wir den Bus zum Zoo.", fragt Linda "Gehen wir auf den Spielplatz?" Ein anderes Kind ruft schon genervt "Nein, Mann, in den ZOO!"
Nun erzählte mir Saskia gestern stolz, dass Linda sie nachmittags mit ihrer Mama Zuhause besuchen würde. Ich freue mich für Saskia, denn die Kleine strahlt über das ganze Gesicht. Zum Mittag zähle ich immer auf, welche Kinder Mittagsschlaf halten. Saskia schläft immer, Linda nur, wenn die Mama das vorher ansagt. Saskia sagt, Linda müsse heute auch schlafen, weil sie ja nachmittags zu ihr zum Spielen kommt und ausgeruht sein soll. Linda schreit auf. "Nein, komme ich gar nicht. Und ich muss nicht schlafen."
"Doch", sagt Saskia, "meine Mama hat das aber gesagt."
Linda weint jetzt, weil sie nichts davon weiß, dass sie Saskia besucht und auch nicht schlafen will. Dann weint auch Saskia, weil sie sich doch ganz sicher ist, dass sie Recht hat.
Also klärte ich das mit Saskias Mutter. (Lindas Mutter ist schwer erreichbar.) Und siehe da, Saskia lag natürlich richtig, woran ich auch keine Sekunde gezweifelt habe. So erfuhr ich von Saskias Mutter, dass Linda sie besucht und schlafen sollte. Ich redete mit beiden Mädchen, sie hörten beide auf zu weinen, beide gingen freudestrahlend Hand in Hand schlafen und hatten einen schönen Nachmittag.
Das Tamtam und die Tränen vorher wäre den Kindern erspart geblieben, hätte man Linda mal darüber informiert. Und mich vielleicht auch.
Wo wir gleich zum nächsten Punkt kommen, wir Erzieher sind unterinformiert!
Es liegt mir fern in eurem Privatleben herumzuschnüffeln, eigentlich interessiert mich das auch gar nicht. Aber mich interessiert euer Kind und sein Seelenheil und da bleibt es manchmal nicht aus, dass ich ins Vertrauen gezogen werden MUSS.
Ich verstehe euch Eltern und ich darf euch versichern, ich tratsche nichts weiter, aber folgendes Beispiel steht für etliche ähnliche Szenen, die ich in den letzten 25 Jahren erlebt habe:
Bei den Eltern gab es am Abend Streit. Ihr glaubt vielleicht sogar, Michi hat das gar nicht gemerkt. Oh, da wäre ich schon mal anderer Meinung. Kinder nehmen kleinste Stimmungsschwankungen sofort wahr. Ähnliche wie Tiere, die eine Gefahr wittern. Bevor ihr es selber richtig merkt, klingeln bei eurem Kind schon die Alarmglocken.
Dem Streit am Abend folgt die Fortsetzung am Morgen. Zwischen eisigem Schweigen oder lautem Gebrülle wird Michi wie nebensächlich angezogen, der Kleine weiß gar nicht was los ist, mit ihm redet ja keiner. Hat er was falsch gemacht? Bei Mama und Papa ist immer alles gut, wenn gemeckert wird, ist meist der Blödsinn von Michi Schuld. An diesem Morgen flog Zuhause sogar eine Tasse, die Papa zum Glück verfehlt hat, aber der verteilte Kaffee in der Küche hat für noch mehr Ärger gesorgt. Wutentbrannt oder gar unter Tränen der Mutter wird Michi in die Kita gebracht. Noch schnell Tränen trocknen, damit die Erzieherin nichts merkt und ganz ganz schnell verabschiedet.
Michi steht im Raum. Irgendwie sieht er bedrückt aus. "Alles in Ordnung?" frage ich. Michi nickt mit ausdrucksloser Mine. Ich trommle zum Frühstück, wir erzählen und lachen und singen und plötzlich beißt Michi seinem Sitznachbarn mit Schmackes in den Oberarm. Finn brüllt wie am Spieß, ich meckere mit Michi, was das denn jetzt sollte. Michi weint und rennt in die Kuschelecke.
Eltern, aufgewacht! Michi musste den Streit seiner Eltern miterleben, die schlechte Stimmung, musste die Tränen der Mama und schlimme Unwissenheit ertragen und wird dann in der Kita auch noch von mir ausgeschimpft. DAS IST ZU VIEL FÜR EIN KIND! Springt über euren Schatten, erklärt der Erzieherin was vorgefallen ist und warum Michi eventuell schlecht drauf ist. Hätte ich es gewusst, hätte ich Michi vorher zur Seite und mir Zeit genommen, hätte ihm den Streit erklärt, was er sicher verstanden hätte, Michi hätte sich entspannt und Finn hätte eine schmerzhafte Bisswunde weniger.
An diese Kettenreaktion denkt ihr natürlich nicht, habt ja auch selber den Kopf voll, Ärger bei der Arbeit, Stress sowieso, 1000 Termine und die Oma ist krank. Trotzdem sollten die Kinder darunter nicht leiden.
Nehmt sie ernst, redet mit ihnen, nehmt euch Zeit, um zu erklären, sie verstehen so viel mehr als ihr denkt und es ist genauso wichtig wie Essen und Schlafen!
Nach 25 Jahren erkenne ich zum Glück die Tränen der Mama morgens, sehe, dass das Kind schlecht drauf ist, rede auch ohne irgendwelche Kenntnis mit Michi und versichere ihm, dass er sicher nicht Schuld ist, dass alles gut wird. Beim Frühstück sitzt er neben mir, ich drücke ab und zu seine Hand.
Allerdings hat nicht jede Erzieherin bereits diese Erfahrung oder das Feingefühl, nicht jede kann Michi rechtzeitig auffangen, wenn ihr Eltern nichts sagt.
Wir Erzieher sind auch dafür da, um mit den Kindern schlechte Eindrücke und Erfahrungen zu verarbeiten, das kann ein Streit sein, der Tod eines Familienmitglieds oder eines Haustieres, Trennung der Eltern, lange Geschäftsreisen vom Papa, ein Unfall oder oder oder
Aber das geht nur, wenn wir davon wissen.Vertraut uns ruhig so etwas an, ihr vertraut uns schließlich auch eure Kinder an und die sind ja wohl das Wichtigste...
Samstag, 14. Juni 2014
Ein Tag für´s Klo
Es gibt Tage, die verbringe ich hauptsächlich auf der Kita-Toilette.
Nein, ich habe kein Magen-Darm-Problem, ich habe 2 - 4jährige Kinder. In dieser Altersklasse werden sie zwangsläufig irgendwann trocken und das ist für einige Kinder so ein Akt, wie für 18jährige das Abitur zu schreiben.
Bei uns gibt es einige Verlockungen für Kinder, die keine Windeln mehr brauchen, z.B. dürfen sie sich zu den Mahlzeiten das Trinken selber eingießen. Das sind kleine Motivationspunkte, die gerne einige erreichen wollen und auch mächtig stolz sind, wenn sie es geschafft haben.
Die größte Motivation ist allerdings noch immer es so zu können, wie die die es bereits können, die großen Kinder, die Alleskönner.
Sie beschäftigen sich gedanklich schon wochenlang mit dem "Geschäft". Gucken bei anderen ab, erzählen zuhause davon, fragen 100 mal nach, müssen sich ganz sicher sein, bevor sie sich das erste Mal selber auf die Schüssel wagen. Das ist dann ziemlich verkrampft, denn trotz kleiner Kindertoiletten haben fast alle Angst, hineinzufallen und im Abflussrohr zu verschwinden. Viele wählen daher als erstes das Töpfchen. Sie haben ja die freie Wahl.
Darauf zu sitzen ist meist schon ein Meilenstein, stolz glänzen die Augen. Im Töpfchen glänzt nix, weil die ersten 6 Male noch nichts raus kommt. Egal, erst mal ein Gefühl für den neuen Sitz bekommen.
Und dann klappt es. Die Freude ist riesig, sie platzen fast vor Stolz, zur Belohnung gibt´s ein Gummibärchen. Das Kind fühlt sich, als wär Weihnachten, Ostern und Geburtstag gleichzeitig. Ich muss es den anderen Kindern erzählen und das erfolgreiche Kind steht da, als hätte es gerade den Oscar verliehen bekommen.
Geschafft denkt ihr? Ein Kind ist trocken, der nächste bitte? NEIN!
Dieses Kind hat es einmal geschafft und der Ansporn es weiter zu schaffen ist groß. Die Angst es zu vermasseln aber auch. Von jetzt ab wird alle 5 Minuten auf´s Klo gerannt. Muss es wirklich oder will es nur noch mal spüren groß zu sein? Man weiß es nicht. Und ich muss mit und es festhalten, damit es nicht im Rohr verschwindet. Schubidu...ich erzähle mit dem Kind - es kommt nix. Ich singe - es kommt nix. Ich mache den Wasserhahn an - es kommt nix. Wir stehen nach 10 Minuten erfolglos wieder auf, nur um 3 Minuten später wieder auf die Toilette zu rennen. Und das geht jetzt 2 Wochen so. Eigentlich kann ich gar nichts mehr in der Gruppe machen, ich bin kaum da. Irgendwann kann es alleine sitzen, aber will nicht alleine sein. Ich stehe im Türrahmen, der Blick pendelt wie beim Tennis zwischen Gruppenraum und Toiletten-Kind hin und her. Ab und zu kommt was und bringt jedesmal eine große Freude mit sich.
In diesem Jahr hatte ich zwei Kinder, die das gleichzeitig durchzogen. Da lohnte sich mein Weg wenigstens. Die beiden mussten immer gleichzeitig. Nach Pipi kam Kacka, auch das klappte plötzlich im Synchron-Sitzen. Es ist wirklich erstaunlich, wie unbefangen Kinder noch sind und dass sie zu zweit besser "Kacki" machen können, als allein. Ich kann ja schon kaum Pipi machen, wenn nur einer vor der Tür steht, geschweige denn...
Und so ist es bis heute so, dass sie laut verkünden "Ich muss Kacki!" und spontan der Kumpel auch muss. Und tatsächlich auch macht. Sozusagen auf Bestellung.
Dann klappt das also zwei Wochen bestens, ich kann sogar im Gruppenraum bleiben und sie rufen mich, wenn sie fertig sind, und plötzlich macht einer wieder in die Hosen. Am nächsten Tag auch. Und am übernächsten. Pipi, Kacki, alles was der Bauch so hergibt. Fragen, warum er nicht auf die Toilette geht, kann ich mir sparen, die Kinder kennen diese Antwort einfach nicht. Nicht alle werden rückfällig, aber doch einige. Dann klappt es plötzlich 4 Wochen nicht mehr, die Eltern verzweifeln an den Wäschebergen, wieder Windeln um machen, will man aber auch nicht, ging ja schließlich schon mal gut. Und genauso plötzlich klappt es wieder und dann für immer.
Und wenn sie es richtig gut können, verbringen sie (meist zu zweit) halbe Tage auf dem Lokus. Sie sitzen dort, die Rücken lässig hinten an den Deckel gelehnt, als würden sie im Sessel fläzen und unterhalten sich, am liebsten über diese Toilettensache. Die Eltern wollen, dass zwischen den beiden Toiletten Schamwände eingezogen werden, damit ihre Kinder in Ruhe ihr Geschäftchen erledigen können. Fragt auch mal einer die Kinder? Bloß weil wir Erwachsenen so verklemmt sind, brauchen doch die Kinder nicht einen ihrer wichtigsten Kommunikations- und Lachplätze zu opfern...
Manchmal sitzen 2 auf der Toilette, 1 auf dem Töpfchen und noch 2 auf dem Fußboden davor und quatschen und lachen sich kaputt dabei. Mädchen, Jungs - egal, ist mit allen witzig. Davon können wir uns noch eine Scheibe abschneiden. Nicht wörtlich nehmen...
Nein, ich habe kein Magen-Darm-Problem, ich habe 2 - 4jährige Kinder. In dieser Altersklasse werden sie zwangsläufig irgendwann trocken und das ist für einige Kinder so ein Akt, wie für 18jährige das Abitur zu schreiben.
Bei uns gibt es einige Verlockungen für Kinder, die keine Windeln mehr brauchen, z.B. dürfen sie sich zu den Mahlzeiten das Trinken selber eingießen. Das sind kleine Motivationspunkte, die gerne einige erreichen wollen und auch mächtig stolz sind, wenn sie es geschafft haben.
Die größte Motivation ist allerdings noch immer es so zu können, wie die die es bereits können, die großen Kinder, die Alleskönner.
Sie beschäftigen sich gedanklich schon wochenlang mit dem "Geschäft". Gucken bei anderen ab, erzählen zuhause davon, fragen 100 mal nach, müssen sich ganz sicher sein, bevor sie sich das erste Mal selber auf die Schüssel wagen. Das ist dann ziemlich verkrampft, denn trotz kleiner Kindertoiletten haben fast alle Angst, hineinzufallen und im Abflussrohr zu verschwinden. Viele wählen daher als erstes das Töpfchen. Sie haben ja die freie Wahl.
Darauf zu sitzen ist meist schon ein Meilenstein, stolz glänzen die Augen. Im Töpfchen glänzt nix, weil die ersten 6 Male noch nichts raus kommt. Egal, erst mal ein Gefühl für den neuen Sitz bekommen.
Und dann klappt es. Die Freude ist riesig, sie platzen fast vor Stolz, zur Belohnung gibt´s ein Gummibärchen. Das Kind fühlt sich, als wär Weihnachten, Ostern und Geburtstag gleichzeitig. Ich muss es den anderen Kindern erzählen und das erfolgreiche Kind steht da, als hätte es gerade den Oscar verliehen bekommen.
Geschafft denkt ihr? Ein Kind ist trocken, der nächste bitte? NEIN!
Dieses Kind hat es einmal geschafft und der Ansporn es weiter zu schaffen ist groß. Die Angst es zu vermasseln aber auch. Von jetzt ab wird alle 5 Minuten auf´s Klo gerannt. Muss es wirklich oder will es nur noch mal spüren groß zu sein? Man weiß es nicht. Und ich muss mit und es festhalten, damit es nicht im Rohr verschwindet. Schubidu...ich erzähle mit dem Kind - es kommt nix. Ich singe - es kommt nix. Ich mache den Wasserhahn an - es kommt nix. Wir stehen nach 10 Minuten erfolglos wieder auf, nur um 3 Minuten später wieder auf die Toilette zu rennen. Und das geht jetzt 2 Wochen so. Eigentlich kann ich gar nichts mehr in der Gruppe machen, ich bin kaum da. Irgendwann kann es alleine sitzen, aber will nicht alleine sein. Ich stehe im Türrahmen, der Blick pendelt wie beim Tennis zwischen Gruppenraum und Toiletten-Kind hin und her. Ab und zu kommt was und bringt jedesmal eine große Freude mit sich.
In diesem Jahr hatte ich zwei Kinder, die das gleichzeitig durchzogen. Da lohnte sich mein Weg wenigstens. Die beiden mussten immer gleichzeitig. Nach Pipi kam Kacka, auch das klappte plötzlich im Synchron-Sitzen. Es ist wirklich erstaunlich, wie unbefangen Kinder noch sind und dass sie zu zweit besser "Kacki" machen können, als allein. Ich kann ja schon kaum Pipi machen, wenn nur einer vor der Tür steht, geschweige denn...
Und so ist es bis heute so, dass sie laut verkünden "Ich muss Kacki!" und spontan der Kumpel auch muss. Und tatsächlich auch macht. Sozusagen auf Bestellung.
Dann klappt das also zwei Wochen bestens, ich kann sogar im Gruppenraum bleiben und sie rufen mich, wenn sie fertig sind, und plötzlich macht einer wieder in die Hosen. Am nächsten Tag auch. Und am übernächsten. Pipi, Kacki, alles was der Bauch so hergibt. Fragen, warum er nicht auf die Toilette geht, kann ich mir sparen, die Kinder kennen diese Antwort einfach nicht. Nicht alle werden rückfällig, aber doch einige. Dann klappt es plötzlich 4 Wochen nicht mehr, die Eltern verzweifeln an den Wäschebergen, wieder Windeln um machen, will man aber auch nicht, ging ja schließlich schon mal gut. Und genauso plötzlich klappt es wieder und dann für immer.
Und wenn sie es richtig gut können, verbringen sie (meist zu zweit) halbe Tage auf dem Lokus. Sie sitzen dort, die Rücken lässig hinten an den Deckel gelehnt, als würden sie im Sessel fläzen und unterhalten sich, am liebsten über diese Toilettensache. Die Eltern wollen, dass zwischen den beiden Toiletten Schamwände eingezogen werden, damit ihre Kinder in Ruhe ihr Geschäftchen erledigen können. Fragt auch mal einer die Kinder? Bloß weil wir Erwachsenen so verklemmt sind, brauchen doch die Kinder nicht einen ihrer wichtigsten Kommunikations- und Lachplätze zu opfern...
Manchmal sitzen 2 auf der Toilette, 1 auf dem Töpfchen und noch 2 auf dem Fußboden davor und quatschen und lachen sich kaputt dabei. Mädchen, Jungs - egal, ist mit allen witzig. Davon können wir uns noch eine Scheibe abschneiden. Nicht wörtlich nehmen...
Donnerstag, 23. Januar 2014
Dschungelcamp im Kindergarten
Angeblich guckt es ja keiner und doch ist es jedes Jahr ein riesen Thema: Das Dschungelcamp und ihre ungewöhnlichen Prüfungen. Besonders die kulinarischen Prüfungen lassen uns heftig mitekeln.
Aber im Kindergarten ist es ja ähnlich. Für die Kinder ist es schon manchmal eine echte Zumutung, was wir ihnen zumuten. Da gibt es diese ekeligen kleinen froschgrünen Dinger, Erbsen. Es genügt schon den Deckel vom Topf zu lüften, damit sich das eine oder andere Kind heldenhaft über seinen Teller schmeißt, um ja keins von diesen Widerlichkeiten bei sich aufnehmen zu müssen. Auch ganz schlimm: Gemüsesuppe. Selbst ohne Fischaugen und Känguruhhoden ist es unerträglich. Wahrscheinlich würden sie eher einen Teller bunte Knete essen. Oder Soße, was sich darin für unbekannte Gefahren verbergen könnten, kann ein Kind ja gar nicht abschätzen. Die vier Portionen trockene Kartoffeln rutschen auch so, bloß kein Risiko eingehen.
Nein, es gibt Kinder, die halten sich grundsätzlich ans Ungefährliche: Nudeln, Reis ,Kartoffeln. Ende. Da kann nichts schief gehen. Da gibt es keine grünen Kugeln, gelbe Fingernägel, orangene Räder und Mini-Bäume. Ganz übersichtlich. Kartoffelbrei ist da allerdings schon wieder nicht ganz geheuer.
Natürlich sind das nur ein paar wenige Kinder. Die meisten sind unerschrockene Allesesser. So kam es vor, dass tatsächlich einige Kinder Blaubeerjoghurt haben wollten. Freiwillig, möchte ich betonen. Ein Mädchen sah seinem Nachbarn mit weit aufgerissenen Augen dabei zu. Und dann war da eine Blaubeere auf dem Löffel und verschwand im Mund des Jungen. Das Mädchen kreischte entsetzt auf und schrie "Jetzt hast du den Käfer mitgegessen."
Was glauben die Kinder eigentlich, was sie da zu essen bekommen???
Ich hatte mal eine Fahrradtour mit den Kindern und ihren Eltern. Ein Junge von knapp zwei Jahren saß hinter seinem Papa im Kindersitz. Bei einer kurzen Rast sah ich, dass eine Spinne (ein Weberknecht) an deren Radrahmen hoch krabbelte und wies darauf hin. Der Papa nahm das zappelnde Vieh und hielt es seinem Sohn vor das Gesicht, dabei sagte er: "Magst du das essen?" Der Junge machte sofort den Mund auf. (Der Papa hat die Spinne nicht verfüttert.) Aber so unterschiedlich sind Kinder. Er hätte sie tatsächlich gegessen.
Sie unterscheiden sich nicht nur in dem WAS sie essen, auch WIE sie essen. Ein Zweijähriger isst so ordentlich mit dem Löffel, dass er nie ein Lätzchen braucht. Ein vierjähriges Mädchen isst mit Händen, Löffel, Gabel und allem was zur Verfügung steht. Hinterher klebt die Tomatensauce auf dem Kopf, im Ohr und an den Wimpern, naja, das Auge isst ja bekanntlich mit. Wir sollten uns unsere Interpretation mal durch den Kopf gehen lassen, haben wir da etwas falsch verstanden?
Bei uns im Kindergarten haben die Kinder schon mal Ausgefallenes auf ihren Broten. Lachs. Kaviar. Leberpastete. Der Unterschied zwischen Leberwurst und Leberpastete ist: "Iiih, da ist Glibber in meiner Leberwurst." Aber er hat den Glibber nur vom Brot gepuhlt und die Stulle trotzdem gegessen. Andere hätten das Brot schon wieder an die Wand geschmissen.
Vernünftige Ernährung ist für uns schon schwierig, für Kinder fast unmöglich.
Aber im Kindergarten ist es ja ähnlich. Für die Kinder ist es schon manchmal eine echte Zumutung, was wir ihnen zumuten. Da gibt es diese ekeligen kleinen froschgrünen Dinger, Erbsen. Es genügt schon den Deckel vom Topf zu lüften, damit sich das eine oder andere Kind heldenhaft über seinen Teller schmeißt, um ja keins von diesen Widerlichkeiten bei sich aufnehmen zu müssen. Auch ganz schlimm: Gemüsesuppe. Selbst ohne Fischaugen und Känguruhhoden ist es unerträglich. Wahrscheinlich würden sie eher einen Teller bunte Knete essen. Oder Soße, was sich darin für unbekannte Gefahren verbergen könnten, kann ein Kind ja gar nicht abschätzen. Die vier Portionen trockene Kartoffeln rutschen auch so, bloß kein Risiko eingehen.
Nein, es gibt Kinder, die halten sich grundsätzlich ans Ungefährliche: Nudeln, Reis ,Kartoffeln. Ende. Da kann nichts schief gehen. Da gibt es keine grünen Kugeln, gelbe Fingernägel, orangene Räder und Mini-Bäume. Ganz übersichtlich. Kartoffelbrei ist da allerdings schon wieder nicht ganz geheuer.
Natürlich sind das nur ein paar wenige Kinder. Die meisten sind unerschrockene Allesesser. So kam es vor, dass tatsächlich einige Kinder Blaubeerjoghurt haben wollten. Freiwillig, möchte ich betonen. Ein Mädchen sah seinem Nachbarn mit weit aufgerissenen Augen dabei zu. Und dann war da eine Blaubeere auf dem Löffel und verschwand im Mund des Jungen. Das Mädchen kreischte entsetzt auf und schrie "Jetzt hast du den Käfer mitgegessen."
Was glauben die Kinder eigentlich, was sie da zu essen bekommen???
Ich hatte mal eine Fahrradtour mit den Kindern und ihren Eltern. Ein Junge von knapp zwei Jahren saß hinter seinem Papa im Kindersitz. Bei einer kurzen Rast sah ich, dass eine Spinne (ein Weberknecht) an deren Radrahmen hoch krabbelte und wies darauf hin. Der Papa nahm das zappelnde Vieh und hielt es seinem Sohn vor das Gesicht, dabei sagte er: "Magst du das essen?" Der Junge machte sofort den Mund auf. (Der Papa hat die Spinne nicht verfüttert.) Aber so unterschiedlich sind Kinder. Er hätte sie tatsächlich gegessen.
Sie unterscheiden sich nicht nur in dem WAS sie essen, auch WIE sie essen. Ein Zweijähriger isst so ordentlich mit dem Löffel, dass er nie ein Lätzchen braucht. Ein vierjähriges Mädchen isst mit Händen, Löffel, Gabel und allem was zur Verfügung steht. Hinterher klebt die Tomatensauce auf dem Kopf, im Ohr und an den Wimpern, naja, das Auge isst ja bekanntlich mit. Wir sollten uns unsere Interpretation mal durch den Kopf gehen lassen, haben wir da etwas falsch verstanden?
Bei uns im Kindergarten haben die Kinder schon mal Ausgefallenes auf ihren Broten. Lachs. Kaviar. Leberpastete. Der Unterschied zwischen Leberwurst und Leberpastete ist: "Iiih, da ist Glibber in meiner Leberwurst." Aber er hat den Glibber nur vom Brot gepuhlt und die Stulle trotzdem gegessen. Andere hätten das Brot schon wieder an die Wand geschmissen.
Vernünftige Ernährung ist für uns schon schwierig, für Kinder fast unmöglich.
Sonntag, 20. Oktober 2013
Unfallstatistik im Kindergarten
Als Unfall im Kindergarten zählt jeder Kratzer und jede Beule. Wir haben ein Unfallbuch, in das wir jeden Unfall eintragen müssen. Aus meiner Erfahrung passieren die meisten Unfälle an einem Dienstag.
Bevor ihr Eltern aber jetzt alle einen Schrecken bekommt, ich hatte in den letzten 24 Jahren nur 9 ernsthafte Unfälle, die ich als schlimm bis sehr schlimm einstufen würde.
Nach 24 Jahren und inzwischen ca 170 Kindern mal durchschnittlich 240 Kita-Tage im Jahr sind 9 nennenswerte Unfälle zum Glück wenig.
Trotzdem schlimm für die 9, die es ausgerechnet erwischt hat.
Jetzt wollt ihr wissen, was so passiert ist?
Na gut. Ich fange bei den weniger schlimmen an.
1. Ich weiß gar nicht mehr, wie es zu diesem Unfall kam. Ich hatte einen Jungen in der Gruppe, der vermutlich eine Gehirnerschütterung hatte (äußert sich nach einem schweren Kopfschlag durch Kopfschmerzen und Erbrechen). Da beides vorhanden war, rief ich die Mutter an. Sie kam eine halbe Stunde später. Mit dem FAHRRAD! Und brachte ihr Kind auch mit dem Rad in die Klinik. Unglaublich.
2. Auf dem Spielplatz ist eine schräge Wand, an der die Kinder mit Seilen hochklettern können. Ich wollte einem meiner Kinder das Seil zuwerfen. Der Vierjährige fing es mit der Nase, die sofort blutete und kaum wieder aufhören wollte. Zum Glück war die Nase nicht gebrochen.
3. Dies ist der jüngste Unfall. In der Garderobe unserer Kita ziehen sich die Kinder so weit es geht alleine an. Die Kinder die fertig sind sollten eigentlich ruhig auf der Bank sitzen und warten, aber das erfordert so viel Talent, wie mit 10 Bällen zu jonglieren und das können Dreijährige noch nicht. Es ging ganz schnell. Es wurde voll Übermut geschubst, die Bank raste auf´s Gesicht zu und da platzte auch schon die zarte Haut über der Augenbraue auf. Ich machte einen Druckverband und rief die Eltern an. Die Narbe wird er wohl immer behalten, obwohl es nicht mal genäht werden musste.
4. Dies ist ein Unfall, den ich mir bis heute nicht erklären kann, aber der kleine Junge konnte damals noch nicht reden und heute erinnert er sich nicht mehr daran. Ich hatte einen sehr großen Karton in meinem Gruppenraum, die Kinder haben ihn als Haus benutzt.
Plötzlich schrie einer laut und kroch aus dem Haus, er blutete zwischen den Augen, aber der Schmerz zwischen seinen Beinen schien größer zu sein. In dem Moment kam die Mutter. Wir sahen nach, was ihm da so weh tat. Der kleine Schniedel war dunkelblau angelaufen und geschwollen. Wie kann sowas in einem Pappkarton passieren??? Auch bei ihm wird die Narbe zwischen seinen Augen wahrscheinlich als Erwachsener noch leicht zu sehen sein. Ein Rätsel.
5. Wunden am Kopf bluten besonders gerne und viel, auch wenn die Wunde mitunter gar nicht so groß ist. Vor etlichen Jahren hatte ich noch ein Klavier in meinem Gruppenraum stehen. Es gehörte dem Vormieter und wurde einfach nicht abgeholt. Da ich nicht ständig meine Augen überall haben kann, bemerkte ich es nicht gleich. Da stand ein Mädchen vor mir, sagte keinen Ton und sah aus, als hätte ihr jemand einen Eimer Blut über den Kopf gekippt. Es lief nur so und ich konnte nicht mal erkennen woher.
In solchen Situationen bin ich die Ruhe in Person. Ich setzte das Kind auf einen Stuhl, holte in Windeseile ein Handtuch und rief nach einer Kollegin, die mir den 1.-Hilfe-Koffer bringen sollte. Es stellte sich heraus, dass das Mädchen gestolpert und mit der Stirn gegen das Klavier gestürzt war. Das Loch in der Stirn war klein und wurde später nicht mal genäht. Aber die Blutmassen ließen eine 20cm-Wunde erahnen. Das ging auch noch mal gut.
5. Ich habe in der Gruppe ein kleines Regal, für mich hüfthoch, mit einem Einlegeboden, das Platz für 6 Kisten Duplo bietet, 3 Kästen unten, 3 Kästen oben. Ein Junge saß vor dem Regal und zog an einem der oberen Kästen, schief hing die Kiste über seinem Kopf. Ich sprang auf, um das Unvermeidliche zu verhindern, aber die Physik siegte und die Kiste kippte, bevor ich bei ihm war. Ihr ahnt es schon. Sie fiel ihm auf den Kopf und hinterließ ein Loch in der Stirn. Hätte er gestanden beim Rausziehen, hätte er es ja halten können, aber so war die Kiste zu schwer.
6. Nun kommen wir zu einem Unfall, der zwar in meiner Nähe und während meiner Arbeitszeit passierte, aber kein Kind aus unserer Kita betraf. Auf dem öffentlichen Spielplatz gegenüber unserer Kita befindet sich ein geteerter Sportplatz zum Fußballspielen. Ein paar Jungs bolzten dort. Einer der Jungs rannte auf das Tor zu, behielt aber den Ball und nicht das Tor im Auge. Na klar, er rannte mit solcher Wucht gegen das Tor, dass er regelrecht abprallte, rückwärts um fiel und mit dem Hinterkopf auf den Boden prallte. Ich war die nächste Erwachsene Person in seiner Nähe und hatte zufällig eine Packung Zupftaschentüchen in der Hand. Beide Hände voller Taschentücher drückte ich seine beiden Platzwunden an der Stirn UND am Hinterkopf zu, während ich dem nächsten Erwachsenen zurief, er möge bitte einen Krankenwagen rufen.
7. Auch dieser Unfall ist noch nicht lange her. Wir haben Sport im Gruppenraum gemacht. Auf einen Stuhl steigen und wieder herunter steigen. Ich stand daneben und gab Hilfestellung. Eine ganze Reihe lang. Anschließend bauten wir die Reihe wieder ab. Aber einem Mädchen war die Übung wohl nicht lang genug. Hinter meinem Rücken baute sie noch einmal zwei Stühle auf, um hinauf zu klettern und (macht ja mehr Spaß) herunter zu SPRINGEN. Nur leider standen die Stühle zu dicht. Das Mädchen sprang und ihre Stirn landete auf der Kante des Stuhls vor ihr. Platzwunde. Nicht lang, aber tief, bis auf den Knochen. 4 Monate musste sie das Spezialpflaster tragen.
8. Ihr merkt, die Unfälle werden schlimmer.
Dieser Unfall ist schon etliche Jahre her, das Kind längst erwachsen.
Es war noch in meiner ersten Kita, ich war mit 7 Kindern meiner Gruppe zur Gruppenreise in Helmstedt. Da ich nicht alleine fahren darf, begleitete mich unsere Köchin und nahm noch ihren Sohn mit, damals 5 Jahre alt. Direkt vor der sehr hübschen Altstadt war ein Spielplatz. Die Köchin fragte mich, ob sie mal schnell in dieses eine Geschäft gehen könne, während wir auf dem Spielplatz sind. Klar, ich passte ja auf. Ihr Sohn schaukelte und meinte plötzlich, er müsste in vollem Schwung abspringen. Er landete, es knackte, er schrie und konnte den Arm nicht mehr bewegen. Jetzt schnell das Handy gezückt und die Köchin angerufen. Fehlanzeige, damals hatten wir noch keine Handys. Ich bat eine andere Mutter vom Spielplatz einen Krankenwagen zu rufen. Sie lief sofort zur nächsten Telefonzelle. Als der Krankenwagen kam, war die Köchin noch immer nicht da und ich musste ihn wohl oder übel allein mitfahren lassen, da ich ja noch 7 weitere Kinder hatte. Das Krankenhaus lag nur 3 Blocks entfernt und als seine Mutter endlich auftauchte, liefen wir alle schnell zur Klinik, wo der junge Mann schon mit seinem Gips auf uns wartete. Arm gebrochen.
9. Das Schlimmste was je passiert ist, war schon ein großer Schreck. Damals sah der öffentliche Spielplatz gegenüber unserer Kita noch anders aus. Es gab eine ca. 2 Meter hohe Holzwand dicht an einer Hauswand, auf der Jugendliche ihre Graffitis versprühen konnten. Ein kleines Mädchen kletterte zwischen den Wänden hoch. Ein ziemlich sportliches Geschick, nur leider sah ich sie hinter der Holzwand nicht. Als sie oben war rief sie mich. Ich befand mich gerade auf der anderen Seite des Spielplatzes und rannte sofort los. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte aus 2 Metern Höhe mit dem Kopf zuerst auf den Steinboden. Damals war ich nicht so ruhig, ich brach sofort in Tränen aus, als das Mädchen dort reglos liegen blieb. Blut lief aus ihrem Ohr. Ich rief den Notarzt und nahm das Mädchen auf meinen Arm. Es hatte die Augen auf, reagierte aber auf nichts. Ich rief natürlich auch sofort die Eltern an. Der Vater war auf Geschäftsreise im Ausland, die Mutter sprach kein Wort Deutsch. Nach meiner Arbeitszeit fuhr ich sofort ins Krankenhaus, wo ich bis 22 Uhr versuchte zu dolmetschen.
Das Mädchen hatte Haarrisse im Schädel, aber es ging ihr schnell wieder gut und es blieben keine Folgeschäden. Ein paar Wochen Ruhe und sie war wieder ganz die Alte.
Einen schweren Unfall habe ich aber verhindern können. Wahrscheinlich wär gar kein Blut geflossen, aber ich hätte es doch als schlimm eingestuft. Wir haben Teller und Tassen aus Keramik. Die Krippe hat Plastik-Geschirr. Einem kleinen Jungen meiner Gruppe rutschte beim Trinken die Tasse aus der Hand, knallte auf den Teller und Teller und Tasse zersprangen in 1000 teile. "Sprangen" ist das richtige Wort, denn etliche winzig kleine Splitter landeten auf dem Pulli des Jungen. Was ist unsere erste Reaktion, wenn etwas auf uns landet, das wir nicht wollen? Richtig, wir fegen es mit der Hand von uns. In letzter Sekunde habe ich seine Hand festgehalten, denn er hätte sich sicher viele dieser winzig kleinen Scherben in die Hand geschoben. Wusstet ihr, dass wir Erzieher nicht mal einen Splitter aus dem Finger eines Kindes entfernen dürfen. Dies ist ein Eingriff zu dem wir nicht befugt sind, wofür wir extra die Eltern anrufen MÜSSEN. Es gibt schon "tolle" Vorschriften.
Unfälle passieren leider, Erzieher können nicht ständig überall sein, auch wenn wir uns schon Augen im Hinterkopf zugelegt haben. Alle 2 Jahre haben wir einen 1.-Hilfe-Kurs und geben wenigstens im Falle eines Unfalls sofort bestmögliche Maßnahmen. Ich hoffe, dass ich dieser Liste hier nichts mehr hinzufügen muss...
Bevor ihr Eltern aber jetzt alle einen Schrecken bekommt, ich hatte in den letzten 24 Jahren nur 9 ernsthafte Unfälle, die ich als schlimm bis sehr schlimm einstufen würde.
Nach 24 Jahren und inzwischen ca 170 Kindern mal durchschnittlich 240 Kita-Tage im Jahr sind 9 nennenswerte Unfälle zum Glück wenig.
Trotzdem schlimm für die 9, die es ausgerechnet erwischt hat.
Jetzt wollt ihr wissen, was so passiert ist?
Na gut. Ich fange bei den weniger schlimmen an.
1. Ich weiß gar nicht mehr, wie es zu diesem Unfall kam. Ich hatte einen Jungen in der Gruppe, der vermutlich eine Gehirnerschütterung hatte (äußert sich nach einem schweren Kopfschlag durch Kopfschmerzen und Erbrechen). Da beides vorhanden war, rief ich die Mutter an. Sie kam eine halbe Stunde später. Mit dem FAHRRAD! Und brachte ihr Kind auch mit dem Rad in die Klinik. Unglaublich.
2. Auf dem Spielplatz ist eine schräge Wand, an der die Kinder mit Seilen hochklettern können. Ich wollte einem meiner Kinder das Seil zuwerfen. Der Vierjährige fing es mit der Nase, die sofort blutete und kaum wieder aufhören wollte. Zum Glück war die Nase nicht gebrochen.
3. Dies ist der jüngste Unfall. In der Garderobe unserer Kita ziehen sich die Kinder so weit es geht alleine an. Die Kinder die fertig sind sollten eigentlich ruhig auf der Bank sitzen und warten, aber das erfordert so viel Talent, wie mit 10 Bällen zu jonglieren und das können Dreijährige noch nicht. Es ging ganz schnell. Es wurde voll Übermut geschubst, die Bank raste auf´s Gesicht zu und da platzte auch schon die zarte Haut über der Augenbraue auf. Ich machte einen Druckverband und rief die Eltern an. Die Narbe wird er wohl immer behalten, obwohl es nicht mal genäht werden musste.
4. Dies ist ein Unfall, den ich mir bis heute nicht erklären kann, aber der kleine Junge konnte damals noch nicht reden und heute erinnert er sich nicht mehr daran. Ich hatte einen sehr großen Karton in meinem Gruppenraum, die Kinder haben ihn als Haus benutzt.
Plötzlich schrie einer laut und kroch aus dem Haus, er blutete zwischen den Augen, aber der Schmerz zwischen seinen Beinen schien größer zu sein. In dem Moment kam die Mutter. Wir sahen nach, was ihm da so weh tat. Der kleine Schniedel war dunkelblau angelaufen und geschwollen. Wie kann sowas in einem Pappkarton passieren??? Auch bei ihm wird die Narbe zwischen seinen Augen wahrscheinlich als Erwachsener noch leicht zu sehen sein. Ein Rätsel.
5. Wunden am Kopf bluten besonders gerne und viel, auch wenn die Wunde mitunter gar nicht so groß ist. Vor etlichen Jahren hatte ich noch ein Klavier in meinem Gruppenraum stehen. Es gehörte dem Vormieter und wurde einfach nicht abgeholt. Da ich nicht ständig meine Augen überall haben kann, bemerkte ich es nicht gleich. Da stand ein Mädchen vor mir, sagte keinen Ton und sah aus, als hätte ihr jemand einen Eimer Blut über den Kopf gekippt. Es lief nur so und ich konnte nicht mal erkennen woher.
In solchen Situationen bin ich die Ruhe in Person. Ich setzte das Kind auf einen Stuhl, holte in Windeseile ein Handtuch und rief nach einer Kollegin, die mir den 1.-Hilfe-Koffer bringen sollte. Es stellte sich heraus, dass das Mädchen gestolpert und mit der Stirn gegen das Klavier gestürzt war. Das Loch in der Stirn war klein und wurde später nicht mal genäht. Aber die Blutmassen ließen eine 20cm-Wunde erahnen. Das ging auch noch mal gut.
5. Ich habe in der Gruppe ein kleines Regal, für mich hüfthoch, mit einem Einlegeboden, das Platz für 6 Kisten Duplo bietet, 3 Kästen unten, 3 Kästen oben. Ein Junge saß vor dem Regal und zog an einem der oberen Kästen, schief hing die Kiste über seinem Kopf. Ich sprang auf, um das Unvermeidliche zu verhindern, aber die Physik siegte und die Kiste kippte, bevor ich bei ihm war. Ihr ahnt es schon. Sie fiel ihm auf den Kopf und hinterließ ein Loch in der Stirn. Hätte er gestanden beim Rausziehen, hätte er es ja halten können, aber so war die Kiste zu schwer.
6. Nun kommen wir zu einem Unfall, der zwar in meiner Nähe und während meiner Arbeitszeit passierte, aber kein Kind aus unserer Kita betraf. Auf dem öffentlichen Spielplatz gegenüber unserer Kita befindet sich ein geteerter Sportplatz zum Fußballspielen. Ein paar Jungs bolzten dort. Einer der Jungs rannte auf das Tor zu, behielt aber den Ball und nicht das Tor im Auge. Na klar, er rannte mit solcher Wucht gegen das Tor, dass er regelrecht abprallte, rückwärts um fiel und mit dem Hinterkopf auf den Boden prallte. Ich war die nächste Erwachsene Person in seiner Nähe und hatte zufällig eine Packung Zupftaschentüchen in der Hand. Beide Hände voller Taschentücher drückte ich seine beiden Platzwunden an der Stirn UND am Hinterkopf zu, während ich dem nächsten Erwachsenen zurief, er möge bitte einen Krankenwagen rufen.
7. Auch dieser Unfall ist noch nicht lange her. Wir haben Sport im Gruppenraum gemacht. Auf einen Stuhl steigen und wieder herunter steigen. Ich stand daneben und gab Hilfestellung. Eine ganze Reihe lang. Anschließend bauten wir die Reihe wieder ab. Aber einem Mädchen war die Übung wohl nicht lang genug. Hinter meinem Rücken baute sie noch einmal zwei Stühle auf, um hinauf zu klettern und (macht ja mehr Spaß) herunter zu SPRINGEN. Nur leider standen die Stühle zu dicht. Das Mädchen sprang und ihre Stirn landete auf der Kante des Stuhls vor ihr. Platzwunde. Nicht lang, aber tief, bis auf den Knochen. 4 Monate musste sie das Spezialpflaster tragen.
8. Ihr merkt, die Unfälle werden schlimmer.
Dieser Unfall ist schon etliche Jahre her, das Kind längst erwachsen.
Es war noch in meiner ersten Kita, ich war mit 7 Kindern meiner Gruppe zur Gruppenreise in Helmstedt. Da ich nicht alleine fahren darf, begleitete mich unsere Köchin und nahm noch ihren Sohn mit, damals 5 Jahre alt. Direkt vor der sehr hübschen Altstadt war ein Spielplatz. Die Köchin fragte mich, ob sie mal schnell in dieses eine Geschäft gehen könne, während wir auf dem Spielplatz sind. Klar, ich passte ja auf. Ihr Sohn schaukelte und meinte plötzlich, er müsste in vollem Schwung abspringen. Er landete, es knackte, er schrie und konnte den Arm nicht mehr bewegen. Jetzt schnell das Handy gezückt und die Köchin angerufen. Fehlanzeige, damals hatten wir noch keine Handys. Ich bat eine andere Mutter vom Spielplatz einen Krankenwagen zu rufen. Sie lief sofort zur nächsten Telefonzelle. Als der Krankenwagen kam, war die Köchin noch immer nicht da und ich musste ihn wohl oder übel allein mitfahren lassen, da ich ja noch 7 weitere Kinder hatte. Das Krankenhaus lag nur 3 Blocks entfernt und als seine Mutter endlich auftauchte, liefen wir alle schnell zur Klinik, wo der junge Mann schon mit seinem Gips auf uns wartete. Arm gebrochen.
9. Das Schlimmste was je passiert ist, war schon ein großer Schreck. Damals sah der öffentliche Spielplatz gegenüber unserer Kita noch anders aus. Es gab eine ca. 2 Meter hohe Holzwand dicht an einer Hauswand, auf der Jugendliche ihre Graffitis versprühen konnten. Ein kleines Mädchen kletterte zwischen den Wänden hoch. Ein ziemlich sportliches Geschick, nur leider sah ich sie hinter der Holzwand nicht. Als sie oben war rief sie mich. Ich befand mich gerade auf der anderen Seite des Spielplatzes und rannte sofort los. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte aus 2 Metern Höhe mit dem Kopf zuerst auf den Steinboden. Damals war ich nicht so ruhig, ich brach sofort in Tränen aus, als das Mädchen dort reglos liegen blieb. Blut lief aus ihrem Ohr. Ich rief den Notarzt und nahm das Mädchen auf meinen Arm. Es hatte die Augen auf, reagierte aber auf nichts. Ich rief natürlich auch sofort die Eltern an. Der Vater war auf Geschäftsreise im Ausland, die Mutter sprach kein Wort Deutsch. Nach meiner Arbeitszeit fuhr ich sofort ins Krankenhaus, wo ich bis 22 Uhr versuchte zu dolmetschen.
Das Mädchen hatte Haarrisse im Schädel, aber es ging ihr schnell wieder gut und es blieben keine Folgeschäden. Ein paar Wochen Ruhe und sie war wieder ganz die Alte.
Einen schweren Unfall habe ich aber verhindern können. Wahrscheinlich wär gar kein Blut geflossen, aber ich hätte es doch als schlimm eingestuft. Wir haben Teller und Tassen aus Keramik. Die Krippe hat Plastik-Geschirr. Einem kleinen Jungen meiner Gruppe rutschte beim Trinken die Tasse aus der Hand, knallte auf den Teller und Teller und Tasse zersprangen in 1000 teile. "Sprangen" ist das richtige Wort, denn etliche winzig kleine Splitter landeten auf dem Pulli des Jungen. Was ist unsere erste Reaktion, wenn etwas auf uns landet, das wir nicht wollen? Richtig, wir fegen es mit der Hand von uns. In letzter Sekunde habe ich seine Hand festgehalten, denn er hätte sich sicher viele dieser winzig kleinen Scherben in die Hand geschoben. Wusstet ihr, dass wir Erzieher nicht mal einen Splitter aus dem Finger eines Kindes entfernen dürfen. Dies ist ein Eingriff zu dem wir nicht befugt sind, wofür wir extra die Eltern anrufen MÜSSEN. Es gibt schon "tolle" Vorschriften.
Unfälle passieren leider, Erzieher können nicht ständig überall sein, auch wenn wir uns schon Augen im Hinterkopf zugelegt haben. Alle 2 Jahre haben wir einen 1.-Hilfe-Kurs und geben wenigstens im Falle eines Unfalls sofort bestmögliche Maßnahmen. Ich hoffe, dass ich dieser Liste hier nichts mehr hinzufügen muss...
Mittwoch, 9. Oktober 2013
Generation Technik
Dass die Kinder heut zutage schon besser mit dem Smartphone umgehen können als Mama und sie zuhause die Fernsehprogramme problemlos auf andere Sendeplätze verlegen können, wissen wir längst.
Auch in der Kita macht sich die "Generation Technik" bemerkbar.
Wir haben freitags Spielzeugtag. Die Kinder schleppen ihre Autos, Puppen, Stofftiere, auch mal Nagellack mit (was postwendend auf dem Regal landet - liebe Eltern, bitte, unser Job ist anstrengend genug), aber die bisherige Krönung war ein 3jähriges Mädchen, das ihr EIGENES Tablet mitbrachte. In Windeseile hatte sie den Kindern erklärt, wie die Spiele darauf funktionierten und alle spielten begeistert. Mit Schnuller und Windelpo. Bitte schön.
Eigentlich bin ich gar nicht gegen Videospiele, falls man das heute noch so nennt. Games oder wie auch immer fördern Kinder ja auch, wenn sie es in Maßen spielen. Die Kinder entwickeln ziemlich gute Reflexe und werden reaktionsschneller. Viel schneller. Sie sind aufmerksam und konzentriert, was sich auch in anderen Bereichen ihres Alltags zeigt. Die Hand-Auge-Koordination wird geschult und ich habe den Eindruck, dass es den Gehirnzellen keineswegs schadet. Im Gegenteil, wahrscheinlich entstehen Milliarden von neuen Synapsen.
Viele Eltern wehren sich dagegen. Kein Fernsehen, keine DVDs, bloß keine Technik-Games. Warum nicht? Ich war selbst ein Fernsehkind und sicher eins, vor dem alle Psychologen gewarnt hätten. Ich habe von Heidi über Pinocchio, Sesamstraße, Sendung mit der Maus, Sandmännchen, Biene Maja, Tiersendungen ohne Ende, Sindbad bis hin zur Adamsfamily alles gesehen. Und ich halte mich für intelligent mit sehr gutem Allgemeinwissen, besonders im Tierbereich. Ich habe eine schnelle Auffassungsgabe, bin sehr kreativ und war eine gute Schülerin. Hätte ich gelernt, wär ich sicher eine SEHR gute Schülerin gewesen. Aber eine Einschränkung möchte ich unbedingt machen: Lasst eure Kinder nicht alleine das Programm aussuchen, besonders nicht nachts, wenn die Eltern schon schlafen und so schöne Tierfilme laufen wie "Der weiße Hai" oder "Roar - Die Löwen sind los". (Das Trauma von letzterem habe ich bis heute nicht überwunden, ich habe panische Angst vor Raubkatzen.) Also, alles in Maßen, gewaltfrei und unter Aufsicht...
Trotzdem - die Zukunft ist Technik. Vor 13 Jahren bekam ich mein erstes Handy. Ich war schon 30 Jahre alt. Unglaublich. Heute haben die Kinder mit 8 ein Handy, damit sie bescheid sagen können, dass sie heil zur Schule gekommen sind, auf dem Schulhof nicht verprügelt wurden, wieder zuhause gelandet sind und mit dem selbstgemachten Rührei keinen Großbrand ausgelöst haben. Dass sie noch zu Freunden gehen, dass sie die Hausaufgabe in Mathe nicht verstehen und und und. Ohne Handy geht´s doch kaum noch. Was sich bereits bei meinen 3jährigen bemerkbar macht.
Ich bin ein großer Freund von "realem" Spielzeug, ich kann mich erinnern, dass ich es selber viel lieber mochte. Ein echter Kochtopf, statt diese Mini-Plastikpfannen. Echter Pfannenwender, statt Mini-Holzkochlöffel. Aus der Erwachsenenwelt muss es sein. Oder zumindest so aussehen. Ich habe mal vor einer Weile echte Handyprototypen zum Spielen bekommen. Sie sehen absolut echt aus, haben aber keine Funktion. Von ehemals 30 Handys sind noch 3 übrig. (Wo bitte schön, sind die anderen 27 geblieben?????????) Ich habe noch vier ausrangierte Heimtelefone dazu gepackt. Dass sie größer sind, als die Handys stört die Kinder nicht, schließlich sind sie ja echt, also gleichermaßen beliebt.
Und dann ergab sich folgende Szene:
Zwei Jungs und ein Mädchen, alle 3 Jahre alt, spielen unter unserer Holzburg, dass sie zusammen wohnen. Junge 1 kommt "nach hause" und sagt zu Junge 2: "Hast du mein Handy aufgeladen?"
Junge 2 antwortet sich vor die Stirn hauend: "Ach herrje, das hab ich ganz vergessen."
Junge 1 flippt daraufhin total aus und brüllt (ernsthaft): "Ich habe dir extra gesagt, du sollst es aufladen!!! Wie kann man denn SOWAS vergessen??? Womit soll ich jetzt bitte telefonieren???" Und an das Mädchen gewandt: "Kann ich mal dein Handy haben, oder ist das auch alle?"
Da frag ich mich, was passiert, wenn es später mal ein echtes Handy ist?
Die Handys sind bei Jungen und Mädchen gleichermaßen beliebt und es ist doch immer wieder total witzig anzuschauen, wie besonders die Mädchen Mama nachmachen. Mit einer Hand schieben sie den Puppenwagen, über dem anderen Arm hängt eine Tasche und mühsam wird das Handy mit dem Taschenarm ans Ohr geklemmt, während sie wirklich angeregt telefonieren. Meistens mit Mama. Und sie reden über das, was sie gerade machen. "Ich bring gerade das Baby in den Kindergarten." Oder "Was soll ich noch einkaufen?" Und wenn ihr einer im Weg steht, wird er mit dem Puppenwagen einfach überrollt, darauf kann man mit 3 Jahren nicht auch noch achten. Vielleicht wäre sie aber ausgewichen, hätte sie im Videospiel Erfahrung gehabt.
Letztens sagte ein 5jähriger zu meiner Kollegin: "Ich hab auf Papa´s i-Pad schon das 4. Upgrade erreicht." Da frag ich mich, ob ein Berliner Großstadtkind überhaupt noch einen Bauernhof besuchen sollte, um zu wissen, welche Farben eine Kuh hat, wenn er in der gleichen Zeit auf Papa´s i-Pad sein fünftes Upgrade erreichen könnte...
Auch in der Kita macht sich die "Generation Technik" bemerkbar.
Wir haben freitags Spielzeugtag. Die Kinder schleppen ihre Autos, Puppen, Stofftiere, auch mal Nagellack mit (was postwendend auf dem Regal landet - liebe Eltern, bitte, unser Job ist anstrengend genug), aber die bisherige Krönung war ein 3jähriges Mädchen, das ihr EIGENES Tablet mitbrachte. In Windeseile hatte sie den Kindern erklärt, wie die Spiele darauf funktionierten und alle spielten begeistert. Mit Schnuller und Windelpo. Bitte schön.
Eigentlich bin ich gar nicht gegen Videospiele, falls man das heute noch so nennt. Games oder wie auch immer fördern Kinder ja auch, wenn sie es in Maßen spielen. Die Kinder entwickeln ziemlich gute Reflexe und werden reaktionsschneller. Viel schneller. Sie sind aufmerksam und konzentriert, was sich auch in anderen Bereichen ihres Alltags zeigt. Die Hand-Auge-Koordination wird geschult und ich habe den Eindruck, dass es den Gehirnzellen keineswegs schadet. Im Gegenteil, wahrscheinlich entstehen Milliarden von neuen Synapsen.
Viele Eltern wehren sich dagegen. Kein Fernsehen, keine DVDs, bloß keine Technik-Games. Warum nicht? Ich war selbst ein Fernsehkind und sicher eins, vor dem alle Psychologen gewarnt hätten. Ich habe von Heidi über Pinocchio, Sesamstraße, Sendung mit der Maus, Sandmännchen, Biene Maja, Tiersendungen ohne Ende, Sindbad bis hin zur Adamsfamily alles gesehen. Und ich halte mich für intelligent mit sehr gutem Allgemeinwissen, besonders im Tierbereich. Ich habe eine schnelle Auffassungsgabe, bin sehr kreativ und war eine gute Schülerin. Hätte ich gelernt, wär ich sicher eine SEHR gute Schülerin gewesen. Aber eine Einschränkung möchte ich unbedingt machen: Lasst eure Kinder nicht alleine das Programm aussuchen, besonders nicht nachts, wenn die Eltern schon schlafen und so schöne Tierfilme laufen wie "Der weiße Hai" oder "Roar - Die Löwen sind los". (Das Trauma von letzterem habe ich bis heute nicht überwunden, ich habe panische Angst vor Raubkatzen.) Also, alles in Maßen, gewaltfrei und unter Aufsicht...
Trotzdem - die Zukunft ist Technik. Vor 13 Jahren bekam ich mein erstes Handy. Ich war schon 30 Jahre alt. Unglaublich. Heute haben die Kinder mit 8 ein Handy, damit sie bescheid sagen können, dass sie heil zur Schule gekommen sind, auf dem Schulhof nicht verprügelt wurden, wieder zuhause gelandet sind und mit dem selbstgemachten Rührei keinen Großbrand ausgelöst haben. Dass sie noch zu Freunden gehen, dass sie die Hausaufgabe in Mathe nicht verstehen und und und. Ohne Handy geht´s doch kaum noch. Was sich bereits bei meinen 3jährigen bemerkbar macht.
Ich bin ein großer Freund von "realem" Spielzeug, ich kann mich erinnern, dass ich es selber viel lieber mochte. Ein echter Kochtopf, statt diese Mini-Plastikpfannen. Echter Pfannenwender, statt Mini-Holzkochlöffel. Aus der Erwachsenenwelt muss es sein. Oder zumindest so aussehen. Ich habe mal vor einer Weile echte Handyprototypen zum Spielen bekommen. Sie sehen absolut echt aus, haben aber keine Funktion. Von ehemals 30 Handys sind noch 3 übrig. (Wo bitte schön, sind die anderen 27 geblieben?????????) Ich habe noch vier ausrangierte Heimtelefone dazu gepackt. Dass sie größer sind, als die Handys stört die Kinder nicht, schließlich sind sie ja echt, also gleichermaßen beliebt.
Und dann ergab sich folgende Szene:
Zwei Jungs und ein Mädchen, alle 3 Jahre alt, spielen unter unserer Holzburg, dass sie zusammen wohnen. Junge 1 kommt "nach hause" und sagt zu Junge 2: "Hast du mein Handy aufgeladen?"
Junge 2 antwortet sich vor die Stirn hauend: "Ach herrje, das hab ich ganz vergessen."
Junge 1 flippt daraufhin total aus und brüllt (ernsthaft): "Ich habe dir extra gesagt, du sollst es aufladen!!! Wie kann man denn SOWAS vergessen??? Womit soll ich jetzt bitte telefonieren???" Und an das Mädchen gewandt: "Kann ich mal dein Handy haben, oder ist das auch alle?"
Da frag ich mich, was passiert, wenn es später mal ein echtes Handy ist?
Die Handys sind bei Jungen und Mädchen gleichermaßen beliebt und es ist doch immer wieder total witzig anzuschauen, wie besonders die Mädchen Mama nachmachen. Mit einer Hand schieben sie den Puppenwagen, über dem anderen Arm hängt eine Tasche und mühsam wird das Handy mit dem Taschenarm ans Ohr geklemmt, während sie wirklich angeregt telefonieren. Meistens mit Mama. Und sie reden über das, was sie gerade machen. "Ich bring gerade das Baby in den Kindergarten." Oder "Was soll ich noch einkaufen?" Und wenn ihr einer im Weg steht, wird er mit dem Puppenwagen einfach überrollt, darauf kann man mit 3 Jahren nicht auch noch achten. Vielleicht wäre sie aber ausgewichen, hätte sie im Videospiel Erfahrung gehabt.
Letztens sagte ein 5jähriger zu meiner Kollegin: "Ich hab auf Papa´s i-Pad schon das 4. Upgrade erreicht." Da frag ich mich, ob ein Berliner Großstadtkind überhaupt noch einen Bauernhof besuchen sollte, um zu wissen, welche Farben eine Kuh hat, wenn er in der gleichen Zeit auf Papa´s i-Pad sein fünftes Upgrade erreichen könnte...
Abonnieren
Posts (Atom)